Streuobstwiesen im Klimawandel
StreuWiKlim
Gemeinsam mit Bewirtschafter:innen von Streuobstwiesen sollen die Faktoren, welche die Resilienz von Streuobstwiesen gegenüber veränderten Klimabedingungen beeinflussen, erfasst und analysiert werden. Darauf aufbauend werden mögliche, regionsspezifische Anpassungsmaßnahmen erarbeitet.
Streuobstwiesen sind als traditionelle, extensive landwirtschaftliche Nutzungssysteme von sehr hohem sozial-ökologischen Wert. Die Kombination von Grünland und Gehölzen beherbergt eine beachtliche Biodiversität in faunistischer und floristischer Hinsicht (Schuboth et al. 2019). Außerdem erfüllen sie wichtige Ökosystemleistungen. So erbringen sie neben der Obstproduktion beispielsweise Regulierungsleistungen wie die Regulierung des Mikroklimas und des Wasserhaushalts. Ebenso weisen Streuobstwiesen eine besondere Bedeutung im Hinblick auf Erholung, Landschaftsbild und Kulturerbe auf (Plieninger et al. 2015). Die Sortenvielfalt in Streuobstwiesen bildet ein wichtiges Genreservoir für die künftige Züchtung im Obstbau (Zander 2003). Merkmale wie eine hohe Sortenvielfalt, eine Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, unterschiedlich alte Bäume und eine extensive Nutzung lassen bei Streuobstwiesen eine höhere Klimaresilienz vermuten als bei Obstplantagen (Abb. 1).
Auswirkungen des Klimawandels auf den Obstbau wurden bisher allerdings vor allem in Bezug auf den Plantagenanbau erforscht. Hier stellen insbesondere Veränderungen bezüglich der Sonnenstunden und Sonneneinstrahlung, der Temperatur im Frühjahr und im Herbst, mildere Winter sowie zunehmende Trockenperioden Herausforderungen für den Obstanbau dar (Stainer 2011; Zebisch et al. 2018). Wie sich der Klimawandel auf die Streuobstwiesen auswirkt und welche Faktoren zur Resilienz gegenüber dem Klimawandel beitragen, wurde jedoch bisher nicht systematisch untersucht. So gibt es nur vereinzelte Untersuchungen wie die des Technologiezentrums Augustenbergs, in welchem die Verbreitung des durch Hitze und Trockenheit begünstigten Schwarzen Rindenbrandes an Kernobst in baden-württembergischen Streuobstwiesen untersucht wird (Zugschwert & Hinrichs-Berger, 2021). In einem aktuellen Forschungsprojekt der Uni Tübingen und weiterer Kooperationspartner erfolgt unter anderem eine Abschätzung der klimabedingten Auswirkungen auf Streuobststandorte auf Grundlage einer Gefährdungsanalyse.
Eine Zusammenführung von beobachteten Veränderungen und eine Analyse, wie diese mit regionalen Klimaparametern, den Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie Bestandsparametern wie biologische Vielfalt und Strukturreichtum zusammenhängen, gibt es bislang jedoch nicht. Dabei kann das Wissen um den Einfluss dieser Faktoren erheblich zur Förderung der Resilienz von Streuobstwiesen beitragen. Bei der Neuanlage und Pflege von Streuobstwiesen, welche meist über Generationen hinweg bestehen, sind längerfristige Aspekte wie die zunehmende Gefahr von Trockenheitsschäden, invasiven Schädlingen und Krankheiten, sowie klimatische Veränderungen frühzeitig zu berücksichtigen, denn anders als z.B. beim Pflanzenbau kann hier nicht kurzfristig reagiert werden. Bisher werden diese Aspekte bei der Neuanlage von Streuobstwiesen zu wenig berücksichtigt. Da davon auszugehen ist, dass sich sowohl die Auswirkungen als auch die Anpassungsmaßnahmen regional unterscheiden, bedarf es einer umfangreichen Datengrundlage. Diese kann am besten mit Hilfe der Bewirtschafter:innen geschaffen werden, da diese detaillierte lokale Kenntnisse besitzen (Abb. 2).
Zielsetzung
Das Gesamtziel des Vorhabens besteht darin, gemeinsam mit Streuobstwiesenbewirtschafter:innen die durch den Klimawandel induzierten Einflüsse auf den Streuobstanbau in Bayern zu untersuchen und die regionalen Differenzen abzuschätzen, um darauf aufbauend nachhaltige Anpassungsstrategien zu entwickeln. Weiterhin soll geprüft werden, inwiefern unterschiedliche Bewirtschaftungspraktiken, die biologische Vielfalt sowie Strukturreichtum zur Resilienz der Streuobstwiesen gegenüber veränderten Klimabedingungen beitragen und daher als Anpassungsmaßnahmen empfohlen werden können.
Partizipative Forschungsansätze oder Citizen Science Projekte, bei denen die Wissensvielfalt verschiedener Anspruchsgruppen genutzt wird, haben in den letzten Jahren immer mehr Zuspruch erhalten (Girard 2015; Ryan et al. 2018; Slawson & Moffat 2020). Insbesondere Landwirtinnen und Landwirte haben als Landnutzer:innen ein immenses lokales Know-how (Girard, 2015). Darüber hinaus sind Landwirtinnen und Landwirte diejenigen, welche den größten Nutzen aus den Forschungsergebnissen ziehen und wichtige Erkenntnisse umsetzen können. In diesem Projekt soll deshalb durch ´Farmer Science´ generiertes Wissen in den Forschungsprozess mit einfließen. Partizipative Forschung wie ´Farmer Science´ fördert die Zusammenarbeit zwischen Streuobstbewirtschafter:innen und Forscher:innen und birgt somit ein großes Potenzial für ein an Resilienz orientiertes, nachhaltiges Landmanagement (Abb. 3).
Aufbau eines Netzwerkes
In einem ersten Schritt sollen interessierte Streuobstwiesenbewirtschafter:innen für das Projekt gewonnen werden. Ziel ist es, insgesamt circa 32 -40 erfahrene Streuobstbewirtschafter:innen aus vier bis fünf verschiedenen Regionen Bayerns für die Teilnahme zu gewinnen. Die Untersuchungsgebiete sollen dabei eine große standörtliche und klimatische Vielfalt repräsentieren und sich in der Bewirtschaftungsweise unterscheiden. Pro Region sollen mindestens 8 Flächen untersucht werden.
Partner
Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan-Triesdorf (HSWT)
Förderung
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Laufzeit
01.10.2022 bis 30.09.2025
Team und Kontakt
Project Coordination TUM: M.Sc. Niclas Hoegel, T +49 8161 71-4765, niclas.hoegel(at)tum.de
Project Execution HSWT: M.Sc. Rebekka Honecker, T +49 8161 71-5162, rebekka.honecker(at)hswt.de
Lead of collaborative projects TUM: Prof. Dr. Monika Egerer (PI, TUM-UPE): monika.egerer(at)tum.de
Lead Workpackages HSWT: Prof. Dr. Markus Reinke, T +49 8161 71-3480, markus.reinke(at)hswt.de
Scientific Advisor: Dr. Julia Schmack, j.schmack(at)tum.de
Scientific Advisor: Dr. Susanne Raum, susanne.raum(at)tum.de
Website
Literaturverzeichnis
- Girard, N. (2015): Knowledge at the boundary between science and society: a review of the use of farmers’ knowledge in agricultural development. Journal of Knowledge Management, Emerald, 19 (5), pp.949-967. ff10.1016/S0141-8130(03)00058-8ff. Plieninger, T.; Levers, C.; Mantel, M.; Costa, A.; Schaich, H.; Kuemmerle, T. (2015) :Patterns and Drivers of Scattered Tree Loss in Agricultural Landscapes: Orchard Meadows in Germany (1968-2009). PLoS ONE 10(5)
- Ryan, S.F.; Adamson, N.L.; Aktipis, A.; Andersen, L.K.; Austin, R.; Barnes, L; ... Dunn, R.R. (2018). The role of citizen science in addressing grand challenges in food and agriculture research. Proceedings of the Royal Society B, 285(1891), 20181977. Schuboth,J.; Krummhaar,B.; Rolke,D. (2019): Untersuchungen zu den Arten der Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt.–Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle), Heft2: 408 S.
- Slawson, D.D.; Moffat, A.J. (2020). How effective are citizen scientists at contributing to government tree health public engagement and surveillance needs - an analysis of the UK Open Air Laboratories (OPAL) survey model. Insects 11 (9):550.
- Stainer, R. (2011): Klimawandel und Auswirkungen auf den Südtiroler Obstbau. In: ObstbauWeinbau (1), S. 13–16.
- ZANDER, K (2003): Ökonomische Bewertung des Streuobstbaus aus einzelbetrieblicher und gesellschaftlicher Sicht. Wissenschaftsverlag Vauk Kiel KG. Kiel. 200 S.
- Zebisch, M; Vaccaro, R; Niedrist, G; Schneiderbauer, S; Streifeneder, T; Weiß, M et al. (2018): Klimareport Südtirol 2018. Hg. v. EURAC research. Bozen.
- Zugschwerdt, J.; Hinrichs-Berger, J. (2021): Schwarzer Rindenbrand an Kernobst. Hinweise zur Pflanzengesundheit. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, Karlsruhe